Dienstag, 23. Januar 2007

Carotta in Egypt - Teil 1

Neulich auf Kairos Strassen ...
Mein Herz schlug schneller und schneller - da stand er - mein Traumwagen:
Ein echter Karottentransporter - 1PS-
mit einem Optimum an Gruenzeugverbrauch von 3 Ladungen Heu auf Hundert Kilometer
*seuftz* ein Traum!!
Genau das richtige fuer sone Oekoerbse wie mich -100% biologisch abbaubar und nicht Fuehrerscheinpflichtig (haette ich mir den ganzen Fahrschulmist sparen und ganz dick in Kairo in den Karottenhandel einsteigen koennen... na ja - laesst sich nicht aendern)

man man man, ihr wisst ja nichteinmal wo ich ueberhaupt wohne...
Mein zu Hause- unsere Villa in Sheikh Zayed...

... und ich - bei den Nachbarn ;)
Wer Lust hat mal herzukommen, zwecks Erholung oder Arbeit, dem helfe ich natuerlich auch gerne weiter (Hoteltipps, Unternehmungs- und Locationtipps oder auch Vermittlung von anderen (netten!) Aupairfamilien oder eben Jobs)... wer Interesse hat ist herzlich wilkommen!
So - time to say goodbye - Waheed kommt jeden Moment aus der Schule zurueck. Er hat heute Nacht seinen zweiten Wackelzahn in Folge verloren - er sieht aus als haette ihm sein liebenswertes Aupair aufgrund mangelnder Disziplin bei den Hausaufgaben ein paar Zaehne ausgeschlagen ... stimmt natuerlich nicht. Und ich glaube er ist auch ganz froh, dass die Zaehne raus sind - so hat er weniger zu putzen nach dem Essen... Zustaende sind das... manometer...
- maasalam -

Montag, 22. Januar 2007

Cairo - Impressions







Glueck im Unglueck

Ok ok, ich gebs zu: Aegypten ist doch nicht so ungefaehrlich! Zumindest muss man aufpassen WO und WANN man WAS tut!!
Bisher habe ich mich eigentlich relativ sicher gefuehlt und bin selbst nachts alleine durch die Strassen gegangen.
Wer konnte ahnen, dass einem Aktionen wie "Sternegucken" zum Verhaengnis werden...
Kofta und ich haben jedenfalls nicht damit gerechnet:
Nach einem langen, anstrengenden Tag gestern suchten wir uns einen abgelegenen, ruhigen Platz in Sheikh Zayed um uns auszuruhen und ein bisschen unterm Sternenhimmel zu picknicken. Aus der Dunkelheit erschienen ploetzlich zwei Maenner, die uns beschimpften. Wir versuchten zu fliehen - wollten wegfahren, als einer der Maenner einen grossen Stein aufhob und durch unsere Heckscheibe warf. Tausende von kleinen Glassplittern flogen durchs Auto. Zum Glueck hinderte sie ein Sonnenschutz im Auto daran bis nach vorne zu uns zu fliegen. Auch der Stein wurde von dem Sonnenschutz abgefangen. Das war unser Glueck. Aber damit noch nicht genug. Vor lauter Panik fuhren wir in einen Graben- und steckten fest. Keine Chance rueckwaerts wieder herauszufahren, die Vorderraeder hingen in der Luft und drehten durch.
Scheisse!
Und die Maenner versuchten das Auto zu oeffenen.
Wir hatten keine Wahl.
Wir stiegen aus.
Man schrie - man schwieg. Beide Seiten hatten ueberreagiert. Unser Glueck, dass wir unverletzt geblieben waren und dass die Maenner bereit waren mit uns das Auto irgendiwe wieder dort herauszuholen. Es gelang uns. Ich war von oben bis unten mit Schmutz bedeckt. Die Maenner hatten sich an den Glasscherben geschnitten und blueteten. Das Auto sah schrecklich aus. Aber es funktionierte noch. Wir fuhren weg von der Unfallstelle. Schadensersatz konnte man natuerlich nicht erwarten. Die Maenner waren arme Arbeiter- da war nichts zu holen. Und versichert ist man hier natuerlich auch nicht.
Zu Hause war man froh, dass wir nicht entfuehrt, ueberfallen oder wasweissichnichtwas wurden. Ich stand bis in die Nacht hinein noch voellig unter Schock und werde so schnell wohl nicht mehr das Beduerfnis verspueren Sterne gucken zu wollen...

Montag, 15. Januar 2007

Ich und die Frikadelle

Die ersten Monate in Kairo waren fuer mich also nicht ganz ohne, zumal ich kaum Kontakt zu meiner Familie und zu Freunden hatte. Zu wenig Zeit bei zu grossem Erklaerungsbedarf fuer all das was geschah. Vor allem musste ich zunaechsteinmal selbst erkennen und definieren, was ueberhaupt vorsich ging.
Dafuer war aber ein wenig Abstand noetig, von dem Alltagsstress. Um auf andere Gedanken zu kommen ging ich sooft wie moeglich raus - mischte mich unter die Leute auf den Strassen - setzte mich an den Nil, schaute Fischern und den bunten Booten zu, die vorbei fuhren und genoss das Unbekannte -Stimmen, Gerausche, Gerueche, Musik... In diesen Momenten war ich froh hier zu sein - in Kairo zu leben - das war auf jeden Fall einzigartig und spannend... aber es war irgendwie bedenklich ... selbst nach 4 Monaten ging ich noch durch die Strassen und alles erschien mir jeden Tag neu, aufregend und spannend, was draussen vorsich ging. Ein schoenes, intensives Gefuehl - aber eben viel zu selten.

Ab September bekam ich Gesellschaft:

Eines nachts war ich in Sherines Auftrag in Zamalek unterwegs um ihr Kopierpapier zu besorgen. Ich rannte ueber die ganze Insel und musste feststellen, dass meine Mission gar nicht so einfach war. Auf meinem Weg wurde ich ploetzlich von Drogenjunkies belagert. Ich ging weiter als ob ich sie gar nicht bemerkt haette. Ein Auto hielt an. Jemand stieg aus. *oh man moehre, was machst du auch nachts allein auf der Strasse* dachte ich mir. Jemand rief mir etwas zu. Ich schloss kurz die Augen und fragte mich, warum in aller Welt sofort der naechste hinter mir her war. "Hej" sagte jemand, der mich eingeholt hatte. "Did these guys bother you? Do you need help?" - Ich entschloss, dass ich keine Hilfe brauchte und jetzt auch lieber nach hause wollte. Obwohl die Person, die mir gegenueberstandt, eigentlich ganz sypatisch und nett aussah... Ich beschloss zu fragen, ob er eine Idee haette woher ich hier nachts Kopierpaper herbekommen koennte. Wir kamen ins Gespraech. Er hiess Ahmed, war Aegypter, studierte im 3. Jahr Architektur und hatte eine Rockband, die bald ein Konzert in Zamalek hatte, fuer das er mir glecih einen VIP-Pass in die Hand drueckte. Er spielte Gitarre und wir machten gleich einen Deal, dass er mir beim Gitarrenkauf helfen wuerde. Wir tauschten Emailadressen aus und wir sahen uns am Tag seines Konzertes wieder. Das Kopierpapier trieb ich auch noch auf in dieser Nacht, indem ich die Vorraete eines Internetcafees aufkaufte.
Nach seinem Konzert begleitete Ahmed mich nach Hause. Wir sassen bis 5 Uhr morgens vor meiner Haustuer und redeten, redeten und redeten. Wir haetten tagelang dasitzen und uns unterhalten koennen, aber eine Stunde spaeter musste ich wieder aufstehen und arbeiten. Es tat echt gut sich auszusprechen und sich ueber alles moegliche zu unterhalten. Es war Soulfood, das ich dringend brauchte in dem Durcheinander das ich gerade durchlebte.
Ahmed und ich hatten unglaublich viel gemeinsam. Obwohl wir unter sehr unterschiedlichen kulturellen Einfluessen aufgewachsen sind, hatten wir mit der Zeit die gleichen Konsequenzen aus unseren Erlebnissen gezogen und eine ganz aehnliche Lebensphilosophie entwickelt. Charakter, Humor, Gedanken, Interessen - alles passte irgendwie perfekt zusammen - Unterschiede fingen bei Dingen wie der Schuhgroesse an... Wir liessen uns viel Zeit uns kennenzulernen. Jemanden wie ihn hatte ich so gar nicht erwartet- das beruhte allerdings auf Gegenseitigkeit und so erstaunt wir ueber unser Zusammentreffen auch waren umso dankbar waren wir. Er half mir wirklich sehr.
Es reichte schon, dass er zuhoerte und ich in Worte fasste was mir so durch den Kopf ging. Die Gespraeche mit ihm liessen mich ueber meine Situation und meine Erlebnisse besser reflektieren, denn indem ich sie in Worte fasste musste ich alles analysieren, alles wurde konkreter und Loesungen einfacher. Ich schlief also fast gar nicht mehr, weil ich ihn immer traf, wenn ich gerade nicht benoetigt wurde und das war meistens mitten in der Nacht - aber es war gut fuer mich mir die Zeit zu nehmen um ueber alles nachzudenken und zu reden. Mit Ahmed kam ich auch endlich ein wenig in Kairo herum - raus aus Zamalek. Es war ein Perspektivenwechsel und die Moeglichkeit zur Reflektion ueber das Leben, welches ich hier fuehrte. Ahmed erzaehlte mir auch viel von sich und oft konnte ich ihm ebenfalls helfen. Als cih meine Familie in Zamalek verliess habe ich eine Woche bei ihm gewohnt. Wir sind auf Konzerte und Bazare gegangen, haben die Pyramiden besichtigt und waren im Museum. Endlich habe ich Kairo besser kennengelernt und hatte Zeit zum Entspannen. Es hat unheimlich gut getan- die Woche bei ihm und seiner Familie. Und danach gings wieder los fuer mich. Diesmal in Sheikh Zayed.

Es war und ist wirklich toll so jemanden an seiner Seite zu haben.
Er ist genauso verrueckt wie ich, und die meiste Zeit die wir zusammen verbringen wird gelacht. Egal wo ich bin, mit ihm fuehle ich mich auf jeden Fall zu Hause und das behaupten zu koennen ist einfach toll.
Wir sind seit fast 4 Monaten zusammen und ueberlegen uns gerade wie wir schnellst moeglichst Millionaere werden (also groessenwahnsinnig sind wir eigentlich nicht) - denn Fernbeziehungen schocken einfach nicht so... wenn ich die Millionen zusammen habe sag ich euch bescheid ;) wuenscht mir Glueck!

...


Darf ich vorstellen?! Mein aegyptischer Freund Ahmed, auch kufta genannt. (kufta ist arabisch und bedeutet Frikadelle - so wurde er frueher in der Grundschule genannt, weil er wohl etwas dicker war... ich habe diese Idee aufgegriffen und bin hier fortan auch unter dem Namen "Spaghetti-head' bekannt- wegen blonder Haare und so *tse* sowas!!)

Donnerstag, 11. Januar 2007

Aupairworld.com

Mein Flug nach Kairo befoerderte mich ueber Nacht, von einem Tag auf den anderen in eine andere Stadt, in eine anderes Leben. Ein Leben im Nahen Osten, ein Leben in einer Millionenstadt, ein Leben in der aegyptischen High Society.

Nachdem ich also mein Abi hatte konnte ich das ganze Gelerne ersteinmal getrost vergessen und mich ins Abenteuer stuerzen. Ueber das Internet war ich mit meiner Gastfamilie in Kontakt gekommen - es klang vielversprechend:
Die Mutter Sherine war Politikwissenschaftlerin an der American University of Cairo. Eine hochintelligente und karriereorientierte Frau. Kurz: Ich konnte hier nicht nur Aupairerfahrungen sammeln, sondern mich auch auf Diskussionen und interessante Gespaeche einstellen. Die beiden Soehne, 5 und 6 Jahre alt, gingen auf die Deutsche Schule. Ich sollte sie betreuen, mit ihnen an ihrem Deutsch arbeiten und mich ein wenig im Haushalt beteiligen. Ich sollte ein nettes Taschengeld bekommen und auch Zeit haben die Stadt und die Kultur zu geniessen.

Am 8.Juli landete ich also am Al-Qahira International Airport. Ich wurde freundlich wilkommen geheissen und ich war wirklich begeistert!
Die Kinder hatten sich auf mich gefreut und sprangen mir in die Arme. Mit den Eltern sass ich abends zusammen - wir redeten und genossen aegytpisches Essen *hmm*

Jedenfalls anfangs. Wir gewoehnten uns alle schnell aneinander - das bedeutete aber auch, dass die Zurueckhaltung und die Vorsicht bzw. das Interesse des ersten Kennenlernens schnell ueberwunden waren.
Mit der Zeit wurde klar, dass das "familaere Leben" von Stress und Hektik, Enttaeuschung und Verzweiflung gepraegt war:
In dieser Familie wurde geschrien, gestritten, beschuldigt, beschimpft, geschlagen und gedroht. Ich war mitten in einer zerruetteten Ehe gelandet, in der beide Elternteile nur noch minimal ihren elterlichen und ehelichen Pflichten nachkamen oder davon profitierten. Und zum Glueck war ich ja da - es kam mir so vor, als ob man mir ein ganzes Buendel Verantwortungen in die Hand drueckte, sich umdrehte und mich alleine damit stehen lies. Ich wurde angeschrien, belogen, herumgeschubst, grundlos beschuldigt und das alles vor den Kindern. Die Kinder hatten viel Vertrauen zu mir, waren begeistert von den vielen Ideen die ich hatte und machten mir Heiratsantraege (*hihi*)- doch immer wieder demuetigte mich ihre Mutter in ihrer Anwesenheit - wie in aller Welt sollte ich so zu einer Autoritaetsperson werden? Die Kinder liebten ihre Eltern, obwohl auch sie angeschrien, geschlagen und beschimpft wurden und obwohl der Vater so gut wie nie fuer sie da war und sich ebensowenig im familiaeren Alltag beteiligte. Sie waren aufgewuehlt und chaotisch, stur und hatten keine nennenswerten Sozialkompetenzen. Sie logen, sie waren aggressiv und wenn es um ihren eigenen Beduerfnisse ging waren sie extrem sensibel - was ja auch verstaendlich war, bei dem enormen Defizit an Zuwendung seitens ihrer Eltern.
Anfangs bewunderte ich noch ihre Mutter. Sie wusste unheimlich viel, hatte fuer alles eine Erklaerung, alanlysierte alles und jeden unglaublich schnell und sehr komplex und wusste immer was zu tun war. Immer und ueberall wusste sie es besser. Sie wies Leute auf der Strasse zurecht, auf dem Spielplatz, in der Schule - und wenn nicht alles so lief wie sie es sich vorstellte flippte sie aus und liess ihrem Stress meistens bei mir zu Hause Luft. Sie erzaehlte mir viel von ihr, von ihren Problemen. Ich hoerte gerne zu und schaetzte ihr Vertrauen wirklich sehr! Was das ganze unertraeglich machte war aber, dass sie mich dann ploetzlich wieder wie Dreck behandelte, mich anschrie, mir Dinge vorwarf wo ich nur mit offenem Mund da stand und dachte ich bin im falschen Film. Sie war nett wenn sie mich brauchte, um zu reden, um ihr recht zu geben, denn ihre Gedanken schienen logisch. All das raubte Kraft, raubte Nerven - und da ich am Ende mich nicht nur meistens um die Kinder kuemmerte, sondern auch den Haushalt schmiss (inklusive Waesche waschen fuer die ganze Familie, Abwaschen, die Wohnung in Ordnung halten, Einkaufen und was sonst noch alles dazu gehoert) bekam ich in den ersten 4 Monaten kaum Schlaf.
Neben alle dem brauchte ich einfach mal ein Stuendchen fuer mich. Wenn ich meine Ruhe haben wollte ging ich raus auf die Strassen der Millionenstadt, setzte mich an den Nil und versuchte fuer eine Weile den Stress zu Hause zu vergessen. Ich genoss jede Minute, jede Sukunde die mir gehoerte, nur mir!
Denn im Apartment in Zamalek hatte ich kein eignes Zimmer.
Ich schlief auf einer Couch im Wohnzimmer, zwischen Kueche, Arbeitszimmer und dem Rest des Apartments. Gardinen gab es leider nicht und es lief selbst mitten in der Nacht staendig jemand durch "mein Zimmer" - alles in allem nicht unbedingt guenstige Bedingungen, um zu schlafen- aber dazu hatte ich eh kaum Gelegenheit. Und wenn man mir ein wenig Zeit fuer mich zugesand fuehlte ich mich als ob man mir ins Ohr schire, dass ich jetzt zu schlafen oder mich zu entspannen haette, sonst waere ich einfach nicht fit fuer die naechste Herausforderung.
Ich hatte Hoffnung, das alles besser wird, wenn ich mich mehr anstrengte. Ich investierte all meine Kraft, meine Zeit, meine Kreativitaet, ich wuchs total ueber mich hinaus und blieb, um die Kinder nicht noch mehr zu frusten. Man schmiss mich raus, beschimpfte mich, einfach so, und flehte mich hinterher an zurueckzukommen. Zu viele Entschuldigungen, denen keine Taten folgten, fuer zu viele Dinge, die man einfach nicht tut - zuviel Nachlaessigkeit im Umgang mit Mitmenschen.
Ich fuehlte mich trotz allem schuldig, denn man lud alle Verantwortung auf mich.
Ich wollte gehen, aber noch solange bleiben, bis die Familie ein neues Aupair gefunden hatte. Ich sprach mit der Familie drueber. Ploetzlich realisierte man, wieviel ich eigentlich beisteuerte, welche Rolle ich eigentlich fuer das Familienleben spielte: Ich war Ersatzvater und oft auch -mutter, ich war grosse Schwester, beste Freundin und geduldiger Zuhoerer bei Problemen. Ich war Therapeutin, Freundin und Suendenbock fuer die Mutter und einfach so da fuer den Vater. Man begann ploetzlich nach meinem Lieblingsessen zu fragen, mir freie Zeit zuzugestehen - ich konnte nicht mehr! Man hatte mich physisch bis zur Erschoefung getrieben, immer genommen genomen genommen, was ich geben konnte und den familieninternen Psychoterror auch und besonders auf mich ausgeweitet. Jemand neutrales. Oft schien es als ob alle dachten man haette sich von jeglicher Verantwortung mir geenueber im mitmenschlichen Sinne durch meine monatliche Bezahlung freigekauft. Die Bezahlung war uebrigens auch nicht mehr als ein Taschengeld und weniger als man mir vor meiner Anreise versprochen hatte.
Man bemuehte sich nun wenigsten ab und zu mich zu ueberzeugen zu bleiben: man engagierte am Ende sogar ein Hausmaedchen: Faiza, ein durch und durch sympatisches Maedchen, dass anfangs immer ein Laecheln auf den Lippen hatte. Dieses verschwand jedoch von Tag zu Tag und ich konnte in relativ kurzer Zeit feststellen, dass sie aehnliches fuehlte und durchmachte wie ich.
Ein Ereignis machte mir besonders klar, wie Sherine tickte:
Sherine hatte die Kids uebernommen und ich hatte den Abend frei (ich arbeitete die letzten Wochen nur noch 20 Stunden die Woche- ohne Bezahlung- fuer Unterkunft und Verpflegung). Ich wollte gerade gehen als ich Schreie aus dem Badezimmer hoerte. Die Kids hatten sich mit einem Reinigungsgeraet blutig geschlagen und ich hoerte nur Sherine rufen: "Faiza! Come and look, you put the mop there right?" Ja, Faiza hatte das Geraet ins Badezimmer gestellt, was Sherine und ich auch immer taten. Nun machte sie Faiza fuer das Disaster verantwortlich und es stimmte, sie hatte den Mop dort hingetan, aber was erwartete Sherine, die sich selbst fuer ein Genie haelt? Dass unser Hausmaedchen, welches sie auf dem Boden schlafen lies und das aus einer der untersten Schichten der aegyptischen Gesellschaft kommt, den Haushalt neu, und kinderfreudnlicher strukturiert? Und war es nicht ueberhaupt Sherines Aufsichtspflicht? Und haette sie ihre Kinder nicht so erziehen sollen, dass soetwas einfach tabu gewesen waere? Und was noch bedenklicher ist: anstatt ihre Kinder zu verarzten rief sie als erstes Faiza um die Verantwortung zuzuordnen und sich besser zu fuehlen. Wenn sich jemand anderes schuldig fuehlt kann sie hinterher, grosszuegig wie sie ist, dieser Person offiziell verzeihen- sehr freundlich von ihr, nicht wahr?
Unglaublich! Mir wurde klar, was ich durchgemacht hatte und geschockt verliess ich die Wohnung...
An diesem Abend besuchte ich die Verlobungsfeier einer Bekannten. Als ich zurueckkam war das Apartment so verschlossen, dass ich mit meinem Schluessel nicht herinkam- und ich hatte bescheid gesagt, dass ich ausgehe und wohin ich gehe. Man hatte mich in einer kalten Novembernacht einfach ausgesperrt. Zum Glueck hatte ich Freunde auf die ich mich verlassen konnte und die mich herzlich aufnahmen.
Es war Zeit einen Schlussstrich zu ziehen.
Ich meinte es ernst, ich packte meine Sachen und blieb noch um sich noch einmal die Chance zu geben uns auszusprechen. Man bat mich wieder zu bleiben, man nahm mich in den Arm, man weinte.
Ich musste weg! Ich war kurz davor ich zu uebergeben. Als ich auf die Strasse trat und die Tasche neben mir abstellte erschien mir der Tag schoener als je zuvor. Es war, als ob ich aus einem Gefaengnis entlassen wurde, als ob ich mich auf legalem Wege befreit haette. Ich hatte mir selbst meine Unschuld bewiesen und blickte in die Freiheit. Ich gehoerte wieder mir selbst - ich spuerte wieviel Last mit jedem Atemzug von mir abfiel. Ich stand mit breitem Grinsen auf der Strasse, weil ich so gluecklich war. Fuer 5 Monate hatte ich meine eigenen Bedurfnisse komplett zurueckgestellt, sie auf ein Minimum reduzieret und ansonsten ignoriert. Indem ich mich voellig auf Grundbeduerfnisse reduzierte merkte ich auch, dass man mir selbst meine Menschenrechte nicht zugestand. Ich fuelte mich oft in meiner Wuerde verletzt und gedehmuetigt. Dass ich mich auf die grundlegensten Werte fuer die ich einstehe reduzierete bedeutete natuerlich auch die Erkenntnis dieser Werte. Ich lernte unglaublich viel ueber mich selbst, ueber andere Menschen, ueber den Umgang mit Menschen. Durch die viele Arbeit konnte ich auch mit Erfahrungen und neue Kopetenzen bereichert die Familie verlassen, sodass ich spaeter einfach ging, als die Familie mir das Geld verweigerte, dass sie mir noch schuldig war. Es war eine ganze Menge Geld und ich war noch ein letztes Mal zurueckgekommen um es abzuholen- aber das war mir in dem Moment egal. Man hatte es sich wohl ploetzlich doch anders ueberlegt, wollte sich vielleicht keine Niederlage eingestehen und ihre Bitte an mich zurueckzukommen nicht stehen lassen. Man begann mich zu beschuldigen, zu beleidigen, wirr zu argumentieren, also ging ich - denn ich hatte eine Woche bei meinem Freund in Maadi gewohnt, waehrend dessen eine sehr nette, neue Familie kennengelernt und mich entschieden mich ihnen anzuschliessen. Ich war selbst erstaunt woher ich die Energie hatte fuer einen Neuanfang. Aber sie war da und seit fast 2 Monaten wohne ich nun in Sheikh Zayed bei den Radwans. Eine tolle Familie, bei der ich mich vom ersten Tag an wohl und gut aufgehoben gefuehlt habe... Sheikh Zayed liegt ein bisschen ab vom Schuss, in Giza, bei den Pyramiden. Mit dem Auto bin ich in 8 minuten da, mit de Fahrrad hab ichs noch nicht probiert ;)
Nach all den Turbulenzen bin ich hier zur Ruhe gekommen, geniesse viel Freizeit und habe endlich Zeit Arabisch zu lernen. Mit dem Arabisch klappts immer besser, denn hier in der Familie wird untereinander Arabisch gesprochen - eine durch und durch aegyptische Familie, in der ich endlich in den Genuss komme die Kultur zu "erleben" und vor allem daran teilzuhaben. Ich kuemmere mich hier um den 6-jaehrigen Waheed - eines nettes, aufgewecktes Kind, in dessen Lachen ich mich sofort verliebt habe :)

Welcome to Aupair-Paradise!

Mittwoch, 10. Januar 2007

Auf die Plaetze, fertig, LOS

Bevor es losging nach Kairo mussten Unangenehmlichkeiten, wie beispielsweise das gruendliche Aufraeumen meines Zimmers erledigt werden:
Es fanden sich laegst verschollen geglaubte 2.Socken und Marzipankartoffeln sowie Schokoladenkalenderinhalte wieder- vorzugsweise unter meinem Schrank und unter meinem Bett. Alte Liebesbriefe mit Ja-Nein-Villeicht-Ankreuzmoeglichkeiten, abgelaufene Kaugummis in den untersten Schubladen - aber ich bin ja eine ordnungsliebende Persoenlichkeit...


Dann musste noch gepackt werden. Wollsocken? Regenjacke? Ehhm, Mama lass mal lieber... ich musste doch meine 6 Bikinis und meine beruehmt beruechtigte Schlangengift-aussaugpumpe mitnehmen mit der man so schoene Knutschflecke machen kann. 6 Packungen von meinem Lieblingslakritz und eine grosse Tafel Marabou fuer den Ernstfall... Also lauter wichtiger Dinge, die nicht fehlen durften.

Es ging also los.

Von Hamburg nach Istanbul. Von Istanbul nach Kairo. Total verspaetet landete der flieger in der Tuerkei. Ein Flughafen so gross wie eine Kleinstadt.Und genau 3 Minuten um den Anschlussflug zu kriegen. Neben mir sass ein Polizist im UN-Einsatz der nach Georgien weiterfliegen musste und dessen Anschlussflug vom Gate neben meinem startete. Er wusste wohin wir laufen mussten - es ging kreuz und quer durch das Flughafengebaeude. Vollkommen erschoeft liess ich mich umgeben von tuerkischen grossfamilien in meinen beinfreiheitfreien Flugzeugsitz sinken.*puh* allein haette ich das nie im Leben geschafft. Ach, die UN ist doch nuetzlicher als ich dachte.


Um 3 Uhr nachts kam ich am Kairo Intenational Airport an.

Mein Gepaeck allerdings nicht. Es war noch in Istanbul und nicht so schnell wie ich gewesen. Zum Glueck halfen mir freundliche Leute und begleiteten mich zum *lost and not found schalter* am Ausgang. Ich beschrieb mein Gepaeck. Es bestach durch Details durch welche es relativ einfach von anderen Gepaeckstuecken abgegrenzt werden konnte. Ich konnte z.B. versichern, dass den Zollbeamten beim Oeffnen meiner Gepaeckstuecke ein ganzer Haufen Maggi-Fix-tueten entgegenpurzeln wuerden. Die waren fuer meine Gastfamilie. Man hatte sich *maggi fix curry chicken fertig pulver* gewuenscht- solln se haben- dacht ich mir und stopfte den verbleibenden Platz meines Gepaecks mit Maggi-Fix-Tueten voll. So kam es dass ich 3 Tage spaeter meine Gepaeckstuecke erhielt -sie konnten eindeutig zugeordnet werden. Alles ist angekommen - auch meine Schlangengiftpumpe wurde nicht beschlagnahmt *yess* na ja... so jedenfalls bin ich hier angekommen...



to be continued...

Was bisher geschah...


Review:

Es war einmal ein abenteuerlustiges und etwas verruecktes Maedchen, das ihr Glueck als Aupair im Land der Pharaonen suchte...

Es zog sie nach Aegypten, das Land am Nil, das durch 5.000-jaehrige Geschichtsschreibung und koestliche Falaffel bestach. Aegypten, der Wuestenstaat entlang jenen Flusses, in den schom Ramsis der zweite als Kind hineinpinkelte. Das Land am Roten Meer, das gar nicht rot sondern blau ist. Jener Staat, der schon seit Generationen den selben lahmen Praesidenten besitzt *heej* einfach wunderbar!

Es war einfach Zeit den ganz schoen fernen nahen Osten ein wenig aufzumischen.

Kairo sollte es sein- Die Stadt der tausend Minarette.